Feierabendbrunnen

Der Feierabendbrunnen am Carl-Duisberg-Platz

1892, als Bayer an den Rhein kam, arbeitete man in Elberfeld noch elf Stunden täglich sechs Wochentage. Mit diesen langen Abwesenheiten war an ein Familienleben der Männer kaum zu denken. In der Weimarer Republik lag die durchschnittliche Arbeitszeit bei ca. 9 Stunden. Die Verkürzung der Arbeitszeiten hatten Auswirkungen auf die Freizeit. Ab 1900 wurde in Wiesdorf viele Vereine für das Feierabend Engagement und die Freizeit gegründet. Im Sinne einer anschaulichen Volkspädagogik stiftete Carl Duisberg 1916 den Brunnen. Erst in der Weimarer Republik kamen die Menschen in den Genuss der Freizeit und Feierabendvergnügen, die nach Duisberg in sinnvollen Aktivitäten von Vereinen angeleitet werden sollten.

Wegbeschreibung

Am unteren Ende des Parks steht das Erholungshaus. Wir können uns das Haus im Kontext des Parkes anschauen und gehen dann im Park weiter zum Ausgang auf der linken Seite Richtung Feierabenddenkmal.

Video: Der Feierabendbrunnen und die Arbeitszeitgestaltung

Straßenkarte mit Wegeführung (Rot = Ziel)

Brunnen – Denkmäler der Volkspädagogik

Der Annabrunnen mit einem Kopf von Anna Bayer, Vorsitzende des Frauenvereins Farbenfabriken und Schirmherrin der Siedlung
Der Feierabendbrunnen
Der Vater-Kind-Brunnen, 1921 von Carl Duisberg gestiftet

Der Feierabendbrunnen wurde 1916 zur Einweihung der Häuser rund um den Platz von Carl Duisberg gestiftet. Die Arbeitszeit- und Freizeitgestaltung war für Carl Duisberg eine persönliche Herzensangelegenheit. Demzufolge sorgte er dafür, dass der gesamte Vorstand zur Einweihung des Brunnens anwesend war und stramm stand. Unter den Wirren des ersten Weltkriegs waren allerdings die Ergebnisse der neuen Arbeitszeitpolitik für viele Arbeiter nicht mehr relevant, denn sie befanden sich an der Front. Die Früchte der neuen Arbeitszeitpolitik zeigten sich daher für viele erst in der Weimarer Republik. Geregelte und reduzierte Arbeitszeiten waren eine wichtige Voraussetzung für das Freizeitleben der Golden Twenties.

1892 arbeitete man bei Bayer in Elberfeld noch elf Stunden täglich sechs Wochentage. Die Anwesenheit wurde durch eine einstündige Kaffee- und anderthalbstündige Mittagspause unterbrochen, so dass die Beschäftigten 13,5 Stunden am Arbeitsplatz verbrachten. Mit Wegezeiten waren die Menschen oft 14-15 Stunden täglich unterwegs. Mit diesen langen Abwesenheiten war an ein Familienleben der Männer kaum zu denken. In der Weimarer Republik lag die durchschnittliche Arbeitszeit bei ca. 9 Stunden.

Die Verkürzung der Arbeitszeiten hatten Auswirkungen auf die Freizeit. Ab 1900 wurde in Wiesdorf viele Vereine für das Feierabend Engagement und die Freizeit gegründet.

  • 1901 Kasinogesellschaft
  • 1904 Bayer-Orchester
  • 1904 TSV und Bayer 04
  • 1904 Frauenverein Farbenfabriken
  • 1912 Gartenbauverein
  • 1921 Städtischer Gesangverein
  • 1925 Bildungsvereine (VHS)
  • 1937 Sauerländischer Gebirgsverein

Der Vater-Kind-Brunnen

Der 1921 von Carl Duisberg gestiftete Brunnen ist ein Denkmal der zeitgeschichtlichen Volkspädagogik. Väter kamen oft verletzt und traumatisiert aus dem Krieg zurück. Ihre Frauen, die über vier Jahre alleine für die Familie sorgten und parallel in der Fabrik arbeiteten, waren in dieser Zeit resoluter und selbstbewusster geworden. Die Beziehung der Väter zu den Kindern und der Familie war häufig schwierig. Traumatische Kriegserlebnisse, Entwertungsgefühle und fehlende Angebote zur Verarbeitung wirkten nach. Alkoholprobleme der Männer waren ein weit verbreitets Problem in der Nachkriegszeit. Diese Männer eigneten sich auch kaum als Vorbilder für die junge Generation in der Weimarer Republik. Vor diesem Hintergrund hat der Brunnen eine doppelte Botschaft: „Väter kümmert euch um Eure Kinder und Kinder nehmt eure Väter wieder in den Familienverbund auf.“

 

Audio: Arbeitszeit

 

Audio: Das gesellige und kulturelle Leben

Der Gartenbau und die Grünanlagen

Koloniengärten heute

Am Feierabendbrunnen oder auf dem Weg zum Kolonie-Museum lohnt es sich, einen Blick in die Gärten zu werfen. Ohne Kühlschränke dienten die Gärten mit Gemüse und einem Kleintierstall der Lebensmittelversorgung von Industriearbeiterfamilien. Die Bereitstellung des „Grabe- und Kleingartenlandes“ diente auch der betrieblichen Wohlfahrtsfürsorge und half, Mitarbeiter an den Betrieb zu binden.

Sozialstudien aus den zwanziger Jahren ergaben: Menschen mit einer eigenen kleinen Scholle Land waren sesshafter und stärker dem Arbeitgeber verbunden. In den 1920er Jahren gewannen die Arbeitergärten durch Arbeitszeitverkürzungen und bessere Löhne eine neue Freizeitbedeutung. Das Erreichen der Gärten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern ermöglichte es, auch entfernter liegende Grundstücke entlang der Dhünn für den Kleingartenbau zu erschließen. Der Bayer Gartenbauverein spielte über fast 100 Jahre eine führende Rolle in der Leverkusener Kleingartenlandschaft. In den beiden Weltkriegen hatten die Gärten entlang der Dhünn sogar eine existenzielle Bedeutung für die Ernährung.

Parallel zum Bedeutungszuwachs des Gartenbaus entwickelte sich der Pflanzenschutz mit Düngern und Schädlingsbekämpfungsmitteln zu einem neuen Geschäftsfeld der Bayer AG. Gut Höfchen in Burscheid wurde für die Erprobung von Anwendungen erworben. Betreiber von Kleingärten konnten gleichfalls neue Pflanzenschutzmittel ausprobieren und den Forschern Rückmeldungen geben.

Die Gärten und die Gartenarbeit

Carl Duisberg sah die Arbeit im Kleingarten als geeignetes Hobby für Familienväter an. Mit dem Firmenwohnungsbau stellte sich eine gewisse Wohnkontinuität in der Bevölkerung ein. Ein weiter Stabilisierungsfaktor für die Verbundenheit mit der Region des Arbeitgebers wurde die eigene Scholle Land. Dies spielte insbesondere bei Menschen, die ursprünglich aus der Landwirtschaft kamen, eine große Rolle. Firmen erwarben Gartenland an unverbaubaren Feuchtgebieten entlang der Flüsse, um den Arbeitern kleine Parzellen zum Anbau von Gemüse, Rüben und Kartoffeln zur Verfügung zu stellen. Ställe mit Kaninchen und Hühnern halfen, die Ernährung der Industriearbeiter aufzuwerten. Tauschbörsen für Pflanzen, Gruppeneinkäufe von Arbeitsmitteln wie z. B. Sensen, Sicheln, Spaten und Hacken sowie Düngemittel schafften weitere wirtschaftliche Vorteile. Dennoch: die Erträge aus dem Gartenbau waren oft enttäuschend, da den Arbeitern nötige Kenntnisse fehlten.

Auf seinem abendlichen Erkundungsspaziergang durch die Kolonien stellte der Gartenfreund Carl Duisberg fehlendes gärtnerisches Wissen fest. Pflanzen standen an ungeeigneten Standorten, so Sonnenpflanzen im Schatten und Schattenpflanzen in der Sonne. Die farbliche Gestaltung ließ zu wünschen übrig und erzeugte wirre Störgefühle.

Der 1912 gegründete Gartenbauverein sollte die Kleingärtner schulen, eine Austauschplattform für Pflanzen und Samen bilden und Vergünstigungen beim Kauf bieten. In der Werkszeitschrift von Bayer: „Die Erholung“ wurden die „Ratschläge für Garten und Feld“ zu einer standardmäßigen Rubrik.

Diese Gartenaktivitäten stehen im Kontext grundlegender Führungsentscheidungen der Bayer AG. 1913 feierte der Konzern das 50jährige Bestehen und verlegte den Firmensitz nach Leverkusen. In diesem Kontext wurden gleichfalls die Stadt und die Siedlungen aufgehübscht. 1913 richtete Bayer den Geschäftsbereich Gärtnerei mit 285 Mitarbeitern für die Anlage von Grünflächen und Parks auf den Liegenschaften des Konzerns ein. Auch die Straßen in den verschiedenen Kolonien wurden damals mit Bäumen bepflanzt. Diese Aktivitäten wurden nach der Rückkehr der Soldaten aus dem Krieg nochmals verstärkt. 1918 ist das Gartenbaupersonal auf 385 Personen aufgestockt worden, die gemeinsam ca. 320 ha bewirtschafteten.

Neben der Stadtgestaltung spielte die Ernährung der Mitarbeiter:Innen in Kantinen und Transferleistungen an Familien eine wichtige Rolle. Ca. 25.000 Personen in Wiesdorf und Umgebung profitierten von Nahrungsmittelzuwendungen, die in Flittard und in Große Ledder erwirtschaftet wurden.