Eine Zeitreise: Wiesdorf vor 100 Jahren – eine Stadt entwickelt sich
Ein Spaziergang von Ellen Lorentz
1918 wurde Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg eine Republik. 1921 bekam Wiesdorf mit 21.000 Einwohnern die Stadtrechte verliehen. 1930 wurde die Stadt nach dem Zusammenschluss mit Schlebusch, Steinbüchel und Rheindorf Leverkusen genannt. Wir gehen auf Spurensuche der Jahre als Wiesdorf eine Stadt war und besuchen im Rahmen des Stadtspaziergangs 10 zentrale Stationen die für das Leben damals wichtig waren. Begeben Sie sich auf Zeitreise zum Leben ihrer Urgorßeltern vor 100 Jahren.
Zu den 20er Jahren haben wir mit dem Jungen Theater einen Theaterspaziergang in Kostümen durchgeführt. Einge Filmszen zum Leben der 20er Jahre wurden dokumentiert und beleben so die Ausführungen. Irmgard Keun hat bei Bayer als Sekretärin gearbeitet und einige Szenen in dem Weltroman „Das Kunsseidene Mädchen“ bearbeitet.
Übersicht der Haltepunkte
- Musikschule von 1902 mit späteren Erweiterungsbauten: ehemals evangelische Hauptschule und Unterkunft für den ersten kaufmännischen Unterricht (Musik und Berufsbildung)
- Evangelische Kirche im Stil der Backsteingotik und Gemeindegebäude von 1903 im Stil der neuen Sachlichkeit (ein neuer Austausch in Kirchen und Gemeinden)
- Katholische Kirche von 1930 mit Gemeindesaal, sowie den zu belebenden Marktplatz (Gebäude neuer Bau- und Kunstrichtungen)
- Hauptstraße mit Häusern aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg mit ehemaligen Geschäften und angrenzenden öffentlichen Gebäuden: Feuerwehrhaus, katholische Grundschule (Heute Montessorischule), das Ledigenheim für Männer sowie Kolonie I (Leben und Konsum junger Wiesdorfer:Innen)
- Erholungspark und wichtige Gebäude, die es heute nicht mehr gibt, waren das St.-Josef-Hospital von 1902, das Mädchenwohnheim 1904 und das Wöchnerinnenhaus 1906 (Frauenleben)
- Erholungshaus 1908 (Bildung und Kultur)
- Feierabendbrunnen 1916 (Arbeitszeit und Freizeit)
- Kolonie II, Kolonie-Museum und Gärten (Familienleben, Kinder)
- Bayer-Kaufhaus, Gebäude, die es nicht mehr gibt, aber eine zentrale Bedeutung hatten (Massenkonsum)
- Altes Rathaus, Gebäude, die es nicht mehr gibt, aber eine zentrale Bedeutung hatten (Politik)
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei dieser Tour
Ellen Lorentz
Vieles änderte sich…
Frauen bekamen das aktive und passive Wahlrecht zugesprochen und ihre Berufstätigkeit setze sich durch. Familien wurden kleiner und Mitte der zwanziger Jahre entstand eine vielfältige Freizeitkultur mit Musik, Kunst und Filmen: die Golden Twenties. Vieles wurde möglich. Aber ebenso oft lauerten hinter vermeintlichen Möglichkeiten die harten Grenzen des Sozialen Absturzes.
In den zwanziger Jahren wurden viele Häuser und Siedlungen in Wiesdorf neu gebaut. Vieles steht noch heute und wir nutzen die Hinterlassenschaften: Stadtpark, Schwimmbad (Calevornia), Sportanlagen (TSV Bayer 04, Bayarena), und Kultureinrichtungen (VHS, Musikschule und Erholungshaus).
Auch die Bayer AG musste sich nach dem verlorenen Krieg neu erfinden. Drei innovative Produkte kamen damals neu auf den Markt: die Kunstseide, das Perlon-Endlosgarn z. B. für Strümpfe und der synthetische Kautschuk, die Basis für Gummibänder, elastische Miederstoffe aber auch Sohlen, Regenkleidung, Reifen, Faltboote und Sportbälle. Viele Produkte, die Deutschlandweit vom neuen Mittelstand -den Angestellten- gerne in der Berufskleidung oder im Sport genutzt wurden. In unserer Stadt wurden Basisprodukte der neuen Livestyleprodukte hergestellt, die die zwanziger Jahre so faszinierend machten. Zugleich sind Elemente der Wiesdorfer Stadtentwicklung das Ergebnis von Baumaßnahmen und Neugründungen der 20er Jahre.
Wir haben uns bemüht die Ausführungen nahe an der Lebenswirklichkeit von Menschen damals auszurichten und in einer einfachen Sprache darzustellen.