1863 wurde die Bayer AG im heutigen Wuppertal gegründet. Mit dem Unternehmenswachstum wurden die Standortbedingungen unzureichend. Die Transportwege waren ohne Fluss schwierig, und für die Massenproduktion hatte die Wupper zu wenig Wasser.
1892 kaufte die Familie Bayer das Alizarinwerk von den Leverkus-Nachfahren. Von 1895-1900 errichtete Carl Leverkus das damals modernste Chemiewerk der Welt.
Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg musste die Bayer AG sich völlig neu erfinden, da das frühere Kerngeschäft, der Farbenmarkt, zusammengebrochen war.
Wegbeschreibung
Der Chempark ist in den letzten Jahren im vorderen Bereich geöffnet worden. Daher kreuzen wir für unseren Rückweg die Kaiser-Wilhelm-Allee und fahren auf das geöffnete Chemparkgelände. Das Gelände wirkt heute luftig, früher drängten sich die rasterförmig angelegten Produktionsbetriebe. In den vergangenen Jahren sind in diesem Areal mehrere historische Farbenfabrikanlagen abgerissen worden. Vor dem Lanxess-Gebäude biegen wir links ab in Richtung Covestro-Gebäude. Der an diesem Haus rechts vorbeiführenden Straße folgen wir wieder Richtung Kaiser-Wilhelm-Allee. Links auf der Ecke befindet sich heute der Löwe. Früher stand er an einer Straßenbahnhaltestelle am Parkeingang zur Beamtensiedlung.
Wir fahren nach links zum Pförtner 1. Hier überqueren wir die Straße und fahren die Philipp-Otto-Straße Richtung Bunker. Hier folgen wir wieder der Carl-Rumpff-Straße und biegen wieder links zur Christian-Hess-Straße ab. Am Fahrradüberweg halten wir uns links und folgen der Carl-Duisberg-Straße bis zur Einmündung der Manforter Straße. An der Kurve des Europarings befindet sich rechts der Einstieg zum Fahrradweg in die City. An der Rialtobrücke biegen wir wieder links ab und fahren über den Platz Richtung Christuskirche zum Ausgangspunkt.
Bayer kommt an den Rhein
Die Bayer AG wurde 1863 als Fuchsin-Fabrik von Friedrich Bayer und Friedrich Westkott in Wuppertal-Elberfeld gegründet. Mit dem Aufbau kam die Anilin- und Alizarinfabrikation hinzu, was zu einer Firmenexpansion in Elberfeld führte. Carl Rumpff, Kaufmann und Schwiegersohn von Bayer, stellte 1883 drei junge Chemiker, unter anderem Carl Duisberg, ein. Neue Patente für Farbstoffe konnten angemeldet werden. Allmählich stieg der ehrgeizige Duisberg in den engeren Managementkreis des Unternehmens auf. Er leitete zunächst die Forschungs- und Patentabteilung, später bekam er den Aufbau des Leverkusener Werks übertragen. Der Standort Wuppertal konnte mit dem Firmenwachstum nicht mithalten. Für modere Produktionsverfahren benötigte man Platz und viel Wasser. Beide Bedingungen waren in Wuppertal nicht gegeben. So erwarb man 1892 in Wiesdorf die Alizarinfabrik von Carl Leverkus nach dessen Tod von den Nachfahren.
Die Giebelspitze der alten Konzernzentrale mit einem Relief geschaffen vom Düsseldorfer Künstler Bernhard Hoeger. Die Frau symbolisiert die Chemie, Der Mann steht für den Ingenieur, im Hintergrund der Kaufmann als Merkur schafft mit einer Waage den Ausgleich. Im Spiegel der neuen Konzernzentrale von 2002 ist das alte Gebäude zu sehen. Auf dem Bild des Malers Boltenhagen ist das Werk und die Beamtensiedlung von 1912 zu sehen.
Löwe und Kreuz
Bautechnische Gestaltung
Das Gelände ermöglichte den Aufbau eines eigenen Schwefelsäurewerkes. Wasser für die wirtschaftliche Massenproduktion lieferte der Rhein reichlich. Ab 1895 erfolgte die Umsiedelung der massenorientierten Alizarin-Fabrikation. 1900 stand dort das modernste Chemiewerk der Welt.
Duisberg orientierte sich an dem fordistischen Ablaufprinzip amerikanischer Firmen, Tragendes Element seines Konzeptes war die räumliche Gliederung von der Grobchemie am Rhein zur Feinchemie in Richtung Kölner Straße sowie eine systematische Betriebsführung.
Rasterförmige Anlage des Bayerwerkes
Hierzu wurde das Werk rasterförmig konzipiert und mit einer 30 Meter breiten Haupt- und 15 Meter breiten Nebenstraßen gegliedert. Jede Abteilung erhielt darin ihren eigenen, mit einem Buchstaben bezeichneten Block. Die Anorganische Abteilung mit grobchemischen Verarbeitungen sowie das neue Schwefelsäurewerk lagen am Rhein. Daran schlossen sich die Farbenproduktion sowie die übernommene Alizarinabteilung an. Die Feinchemie, Spezialprodukte, Lager und Versandabteilung wurden direkt an der Düsseldorfer Straße angesiedelt. Für alle Betriebe gab es Möglichkeiten zur Erweiterung. Über das Werksgelände konnte man mit der Bahn fahren.
Das Grundmuster hat sich bis heute erhalten. Die systematische Erforschung und Patentierung neuer Farbstoffe sowie die Massenproduktion führten zu weiteren Wettbewerbsvorteilen gegenüber konkurrierenden Chemieunternehmen. Vor dem Ersten Weltkrieg belieferten deutsche Chemiewerke ca. 80 % des Farbenweltmarktes. Rund 10.000 Menschen arbeiteten am Leverkusener Standort. Innerhalb der I.G. Farbenindustrie AG, die 1925 in Frankfurt Main gegründet wurde, bekam Leverkusen den Produktionsschwerpunkt für Farben zugewiesen. Carl Duisberg wurde Vorstandsvorsitzender der I.G. Farben.
Nach dem verlorenen Krieg musste Bayer sich in der Weimarer Republik neu erfinden, denn die alten erfolgreichen Vertriebsstrukturen sind durch die Versailler Verträge außer Kraft gesetzt worden. Der Patentschutz entfiel im Ausland, Auslandsfabriken wurden als Reparation enteignet. Bayer versuchte diesen gravierenden wirtschaftlichen Einschnitt durch Produktinnovationen und neue Marketingstrategien zu kompensieren:
a) neue Pharmaprodukte für Schädlingsbekämpfung und internistische Medikamente
b) die Entwicklung eines Massenproduktionsverfahrens für Kunstseide, die in Dormagen hergestellt wurde und
c) die Erfindung von synthetischem Kautschuk, der in Leverkusen produziert wurde.
Neue Produkte und neue Aufgaben für Angestellte
Für die Produktionslinien mussten neue Absatz- und Vertriebsorganisationen geschaffen werden, um einen kostenoptimierten Absatz zu erreichen. Hierfür wurde zum einen die Anwendungstechnik und zum anderen ein differenziertes Vertriebssystem für Massenprodukte aufgebaut. Mit diesen Strategien sollten neue Konsumentengruppen des expandierenden Mittelstandes und hier insbesondere die Welt der Angestellten als Konsumenten erreicht werden. Neue egalitäre Massenmärkte entstanden im Bereich der Kleidung und Haushaltstextilien, die in der Modestadt Düsseldorf vertrieben wurden. Im Bereich Freizeit und Sport wurden neue Konsumprodukte erfunden (Faltboote, Sportschuhe mit Gummisohlen, Radreifen und vieles mehr). Ende der Weimarer Republik kamen kosmetische Produkte (Delial Sonnencreme) für die Freizeit auf den Markt.
Preisoptimierte PKWs mit Kautschukreifen und neuem Farbdesign stellten die 1930 angesiedelten Ford Werke in Köln-Niehl her. Die Expansion der KHD-Werke in Deutz für Omnibusse, Lastwagen, Feuerwehrautos und Traktoren führten dazu, dass weitere wichtiger Ankerkunden sowohl für Kautschuk als auch Farben- und Textilprodukte in räumlicher Nähe produzierten. Mit Produkten für die Industrie und Konsumprodukte für Endkunden sind verschiedene Marktsegmente erschlossen worden, die die Firma unter wirtschaftlich schwierigen Bedingungen der Weimarer Republik auf solide Füße stellten sollten. Merkmal der neuen Marktstrategien ist, dass im Bereich der kaufmännischen Organisation ein wesentlich größerer Personalstab für das Marketing und die Administration als vor dem Ersten Weltkrieg benötigt wurde. Dies schmälerte die Gewinne.
Architektur der Konzernzentrale
Die 1911 von den Bayer-Architekten errichtete Konzernzentrale strahlt Dominanz aus. Im Giebelrelief werden die Chemie als weibliche Figur und die Technik als männliche Figur dargestellt. Beide Figuren bringen am Altar des Merkurs, der Schutzpatron der Kaufleute, ein Opfer dar. Gemäß der Firmenphilosophie von Duisberg sollten die drei Disziplinen im Werk produktiv zusammenwirken. Der Düsseldorfer Künstler Joseph Hammerschmidt (1872–1926) hat das Relief gestaltet. Ansonsten dominiert in der Architektur eine Stil- und Materialvielfalt. Im imposanten Jugendstiltreppenhaus der alten Konzernzentrale befindet sich eine Gedenktafel für die gefallenen Führungskräfte des Ersten Weltkriegs. In der Mitte wacht eine leicht schwebend wirkende Nikeskulptur von Fritz Klimsch (1870–1960).
Anbauten aus den zwanziger und dreißiger Jahren in der Kaiser–Wilhelm-Allee sind die Tablettenfabrik ab 1928 und die Pharmaverwaltung ab 1933. In der Weimarer Republik arbeiteten ca. 10.000 Menschen am Leverkusener Bayer-Standort, wobei infolge der wirtschaftlichen Probleme die Belegschaft Mitte der zwanziger Jahre auf rund 5.000 Menschen sank.
Ein weiteres wichtiges Gebäude im Chemiepark ist der Pförtner 1 mit dem Haupteingang aus dem Jahr 1913. Imposant sind das Dach und die Uhr im ausgehenden Jugendstil. In diesem Gebäude war auch die 1904 gegründete Werksfeuerwehr untergebracht. Links vom Hauptgebäude lag ein Trakt mit den Sozialräumen. Hier brachten zum Mittag die Frauen ihren Männern gekochtes Essen. Daran schlossen sich Duschräume und Brausebäder an, da die Werksordnung um die Jahrhundertwende allen Bayer-Mitarbeitern zweimal wöchentlich ein Wannenbad vorschrieb.
Gegenüber dem Pförtner befanden sich früher auf dem heutigen Parkplatzareal ein Kolonialwarengeschäft und ein Bayer-Kaufhaus, in dem die Siedlungsbewohner sich mit Lebensmitteln versorgen konnten. Die Straßenbahnlinie O hatte hier gleichfalls ihre Haltestelle. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich ein Werkskindergarten. Bis auf einen Wohnblock sind die Häuser in den 80er- und 90er-Jahren abgerissen worden. da diese Häuser zu nahe am Werk standen.
Am Bunker endet die stilvolle Bebauung der Beamtensiedlung schlagartig. In Richtung des unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Bahnhofs aus dem Jahr 1913 passiert man Parkplätze.
Der Bahnhof Wiesdorf sollte früher das Herz von Leverkusen werden. Im Jahr 1978 erfolgte die Stilllegung und der Bahnhof Leverkusen Mitte wurde eröffnet. Die Entscheidung hatte geografische Gründe, denn der Rhein mäanderte einstmals bis hier und hinterließ eine feuchte nicht bebaubare Senke, die man früher mit Gipsschlacke aus dem Alizarinwerk verfüllte. Damit fand eine Kontamination des Bodens statt und schaffte einen schwierigen Untergrund. Parkplätze entstanden. Da das Gelände sich auch aufgrund der Richtlinien der Schadstoffverordnung nicht für die Bebauung eignet, wurden Steine für Parkplätze aufgeschüttet.